So viel Glück kann keiner haben – Hinter den Kulissen des Kronprinzen von Gartow

Die Jagd ist alles andere als planbar. Wild hält sich nicht an Drehbücher. Und manchmal erlebt man Dinge, die so verrückt sind, dass man sie sich nicht hätte ausdenken können.

So viel Glück kann keiner haben

Hinter den Kulissen des Kronprinzen von Gartow

Als Produzent von Jagdfilmen habe ich ein großes Problem. Ich kann mir noch so spannende und außergewöhnliche Themen für einen Film ausdenken. Egal wie weit ich fahre, oder wie gut ein Revier ist – spielt das Wild nicht mit, gehe ich schlimmstenfalls leer aus. Die Jagd ist nun mal alles andere als planbar. Wild hält sich nicht an Drehbücher oder an meine Idee von einer schönen Jagdgeschichte. Auf der anderen Seite ist das aber auch charmant. Denn jede Jagd ist anders. Jede Jagd schreibt ihre eigene Geschichte. Und manchmal erlebt man Dinge, die so verrückt sind, dass man sie sich nicht hätte ausdenken können.
Eine solche Geschichte spielt sich zur Hirschbrunft 2021 im Wendland ab. Im April hatte ich bereits über die Rotwildjagd in den Bernstroff’schen Betrieben auf Hunt on Demand berichtet. Mit meinem Gastgeber Timo wurde damals der Plan geschmiedet, in seinem Revier einen über Jahre bekannten, starken Hirschen zu bejagen. Doch der Plan ist unsicher. Timo glaubt, dass der Hirsch im Winter gefallen sei. Als er mir Anfang September dann ein Wildkamerafoto des Kronprinzen schickt, buche ich direkt meine Unterkunft im Wendland.

Er ist wieder da. Im Hintergrund steht der Kronprinz. Fast ein Jahr lang war er verschollen.

Zunächst muss ich allerdings für Dreharbeiten nach Serbien fliegen. Jagd auf urige Auhirsche in der Vojvodina. Erst zur Hochbrunft Ende September soll es nach Gartow gehen. Timo schickt mir zwischendurch immer wieder Updates, wenn der Hirsch mit seinem Kahlwild am angestammten Brunftplatz steht. Zu besten Tageszeiten. Bei bestem Kameralicht. Aus seinem Umfeld wird er gedrängt, den Hirsch jetzt zu bejagen, solange er da ist. Zu groß sei die Gefahr, dass er in den umliegenden Revieren falle. Und ich sitze in Serbien fest. Ein grauenhafter Zwiespalt. Natürlich wünsche ich Timo den Erfolg auf diesen Hirsch, doch sehne ich mich auch danach, mit der Kamera dabei zu sein. Ich versuche, nicht zu viel Einfluss auf ihn zu nehmen. Am Ende bin ich schuld, wenn Timo zu lange wartet. Und obwohl sein Umfeld ihn drängt, hält Timo die Füße still. Er setzt sich nicht mal an den Brunftplatz an, um zu spekulieren. So viele Nerven muss man erstmal haben!

Timo schickt immer wieder Wildkamerabilder vom Kronprinzen geschickt. Bei bestem Licht. Doch Rouven sitzt in Serbien fest. Wie lange bleibt er noch im Revier?

Mitte September reise ich schließlich nach Gartow. Sogar drei Tage früher als geplant. Doch es kommt, wie es kommen muss: Der Hirsch bleibt die nächste Woche verborgen. Keine Wildkamerafotos mehr. Keine gute Brunft mehr. Das Röhren des Kronprinzen schallt nicht mehr durch die weiten Kiefernhallen. Zu hoch gepokert. Zu lange gewartet. Und das, obwohl der Hirsch zu aller besten Zeiten auf seinem Brunftplatz stand. Es war eine sichere Bank.

Ein fabelhafter Anblick, jedoch nicht der gesuchte Hirsch. Rouven und Timo müssen um Hirsch und Film bangen.

Natürlich gibt Timo die Hoffnung nicht auf. Doch im Hirn des Kameramanns drehen längst alle Räder. Wie kann ich dieses Filmprojekt noch retten? Alle bisherigen Aufnahmen auf diesen einen Hirsch ausgerichtet. Kaum Anblick gehabt und viel Zeit aufgewendet. Nach einer Woche stehe ich nun da, mit fast leeren Händen. Um mein Filmprojekt zu retten, versuche ich Timo zu überreden, in einen anderen Revierteil zu wechseln. Ein paar Hirsche waren dort noch auf den Wildkameras. Vielleicht würde man noch einen passenden Zufalls-Hirsch finden. Aber Timo bleibt hart. Einmal gehen wir noch an seinen Platz. Auf die Kronprinzenleiter an der Kronprinzendickung.

Nach der ungemütlichen Schlechtwetter-Periode reißen heute die Wolken auf. Ein goldgelbes Licht liegt über dem Wendland. Man spürt etwas. Für außenstehende kaum zu verstehen. Aber es gibt diesen Instinkt in uns drin. Es liegt einfach in der Luft heute. Auf dem Weg zur Leiter knört die alte Stimme in der Dickung. Timo und ich können es beide nicht fassen. Kaum sitzen wir auf der Leiter, geht auch schon der Vorhang auf. Die Bühne füllt sich, unser Adrenalinspiegel steigt.

Besser als im Drehbuch. Der gesuchte Hirsch ruht mit seinem Rudel in der tief stehenden Abensonne. Ein unglaublicher Anblick.

Wir erleben einen unvergleichlichen Abend. Eine Hirschjagd der Extraklasse. Die Aufnahmen aus dem Film sprechen für sich. Es kam alles ganz anders, viel besser als gedacht. Es war ein langer Weg bis zu diesem Moment und am Ende wurde doch alles gut. Der Filmerfolg hing am seidenen Faden. Ein Wechselbad extremer Gefühle. Bei kaum einem Filmprojekt von mir lagen Erfolg und Scheitern so dicht beieinander. Wahrscheinlich ist der Kronprinz aus Gartow zu diesem Zeitpunkt mein bester Film. Denn er nimmt den Zuschauer mit auf die Achterbahnfahrt der Emotionen, die Kameramann und Jäger gemeinsam gefahren sind.

Ein alter Hirsch im eigenen Revier. Timo versucht dieses Jagdglück zu begreifen.

Der Hirsch wird von Jagdfreund Michael Urbansky im Wald verblasen. Gänsehautatmosphäre.

Mehr Beiträge

Beitrag 3

Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, sed diam voluptua.

Beitrag 2

Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, sed diam voluptua.